Schlüsselobjekte / Key Objects

 

 

Reisealtar / Travel Altar / amulet container without Buddha / Amulettbehälter ohne Buddhafigur

text 1: Projekt + Bild

Der tibetische Reisealtar ist das transportable Heim einer darin platzierten Gottheit. Menschen und Götter gehen gemeinsam auf Reisen: Im Diesseits und im Jenseits. Während die Gottheiten und Heiligen durch die Götterwelten ziehen, reisen die Menschen aus unterschiedlichen Gründen von Ort zu Ort. Die gesamte Welt, irdisch und überirdisch, ist in Bewegung und damit entstehen ständig neue Zwischenräume. In dem gezeigten Reisealtar fehlt die schutzbringende Gottheit. Das Schicksal ihrer Behüter wurde zu ihrem Schicksal. Die fehlende Gottheit könnte dafür sprechen, dass ihr Heim, ihr Altar, in Notzeiten verkauft wurde. Nur die Gottheit selbst wurde aus ihrer Unterkunft entnommen. Die Umstände könnten sie zur Flucht an einen anderen Ort gezwungen haben, an dem
sie nun ihre heilsbringende Wirkung entfaltet.

 

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text 2: Vita + Bild

The portable altar from Tibet is the transportable home for a deity placed therein. Men and gods travel together: In this world and in the hereafter. While the deities and saints roam the worlds of gods, people travel from place to place for different reasons. The entire world, worldly and other-worldly, is in flux and therefore new spaces in-between emerge constantly.

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Chinesische Spielkarten

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In the portable altar shown here, the protection-bringing deity is missing. The fate of her guardian became its fate. The missing deity could suggest that its home, its altar, was sold in times of need. Only the deity itself was removed from its home. The circumstances could have forced it to flee to another place where it is now releasing its healing effect.

Schlüsselobjekte

Der Miniaturkoran ist die komprimierte Ausgabe der durch den Erzengel Gabriel an Mohammad offenbarten Lesung. Gott selbst wählte den Propheten Mohammad aus um – nach islamischer Theologie – letztmalig den Menschen das unverfälschte Gotteswort zu senden. Als Prophet war Mohammad hin und her gerissen im Zweifel darüber, ob die Erscheinung des Erzengels Traum oder Wirklichkeit ist. Erst seine Frau Chadidja zerwarf seine Ungewissheit und beglaubigte die Erscheinung des Erzengels. Mohammed selbst wuchs in einer nomadischen Gemeinschaft auf, sein Leben war gekennzeichnet durch unterschiedliche Schwierigkeiten. Selbst immer zwischen Gott, den Engeln und den Menschen seiend, überbrachte Mohammad ihnen das endgültige Wort in Form des Korans. Als kleine Ausgabe begleitet dieses Wort die Gläubigen auf ihren Reisen und versichert ihnen den Halt Gottes, egal welches Schicksal im irdischen Leben ertragen werden muss. Der Glauben an einen omnipräsenten Gott führt die Gläubigen durch die Welt.

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The miniature Koran is the condensed version of the readings disclosed by the Archangel Gabriel to Mohammad. According to Islamic theology, God himself chose the Prophet Mohammad in order to send the unadulterated Word of God to the people one last time. As a prophet, Mohammad was torn in doubt as to whether the appearance of the Archangel is dream or reality. Only his wife Khadijah cast away his uncertainty and certified the appearance of the Archangel. Mohammed himself grew up in a nomadic community; his life was characterized by different problems. God took him from this in-between world and threw him into the next.  Always between God, the angels and the people, Mohammad gave them the final word in the form of the Qur'an. As a small copy, this word accompanied the faithful on their travels and assures them their belief in God, regardless of what fate this life has. The belief in an omnipresent God leads believers through the world.

As steady heirloom ring weaves the bond between the generations. Such rings adorn the forefinger of the right hand of the bride. It is worn only on the wedding day and is then kept again until their children get the ring for their wedding. On the ring there is a house, which symbolizes that the bride and groom not only live under one roof, but also share everything. The house is also a reminder of the destroyed temple in Jerusalem, a fate and longing between highest holiness and the pain of the Diaspora. With the words "Next year in Jerusalem" the Jews end the Passover Seder: each person fulfills a wish for himself. Those who live in Jerusalem may be kilometers away from Jerusalem while someone who is far away from Jerusalem lives just one step away. The ring expresses the longing for an ideal, the search of which each person must follow for himself.

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Als stetiges Erbstück webt der Ring das Band zwischen den Generationen. Solch ein Ring schmückt den Zeigefinger der rechten Hand
der Braut. Er wird nur am Tag der Hochzeit getragen und danach wieder verwahrt, bis die eigenen Kinder den Ring für ihre Hochzeit bekommen. Auf dem Ring befindet sich ein Haus, das symbolisiert, dass Braut und Bräutigam nicht nur unter einem Dach leben, sondern alles miteinander teilen. Das Haus ist gleichzeitig eine Erinnerung an den zerstörten Tempel in Jerusalem, ein Schicksals- und Sehnsuchtsort zwischen höchster Heiligkeit und dem Schmerz der Diaspora. Mit „Nächstes Jahr in Jerusalem“ beenden Jüdinnen und Juden den Pessach-Seder: Wer in Jerusalem lebt, kann dennoch kilometerweit entfernt von Jerusalem sein, während jemand, der weit weg von Jerusalem wohnt, nur einen Schritt davon entfernt steht. Der Ring drückt die Sehnsucht nach einem Ideal aus, auf dessen Suche sich jeder selbst begeben muss.

In der Schlacht von Kerbala fiel der Prophetenenkel Hussein als Märtyrer. Nach schiitischer Vorstellung war die Schlacht eine zwischen Gut und Böse, die auf dem Schlachtfeld verloren ging, aber einen moralischen Sieg erbrachte. Für Schiiten ist seine Grabstätte in Kerbala (Irak) eine der drei wichtigsten Heiligen Stätten neben der Kaaba in Mekka und der Stadt des Propheten, Medina. Die Heiligkeit Husseins erfüllt den Boden um sein Grab mit der Segenskraft Gottes. Gläubige nehmen kleine Mengen der Erde vom Grab mit zu sich: Als Erinnerung an das Martyrium, als Verbindung zu Hussein oder um mit der von Gott gesegneten Erde Kranke zu heilen. Die Erde verbindet die Pilger mit den Opfern, die in der Vergangenheit erbracht wurden, erinnert an die eigene Vergänglichkeit und schenkt Zuvers icht auf Gottes Beistand zwischen Leben, Tod und der Hoffnung auf ein Danach. Sie wird in extra dafür angefertigten Dosen aufbewahrt, ihre Segenskraft umgibt die Schatulle wie eine Aura. Hier ist die Erde zu einem Gebetssiegel gepresst, welches die Wirksamkeit der Segenskraft vermehrt.

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In the battle of Karbala the Prophet's grandson Hussein fell as a martyr. According to the Shiites, the battle was one between good and evil, one that was lost on the battlefield but provided a moral victory. For Shiites his tomb is in Karbala one of the three most important holy places, next to the Kaaba in Mecca and the city of the Prophet, Medina. The sanctity of Hussein provides the ground around his grave with the blessing of God. Believers take small amounts of soil from the grave with them: in memory of the martyrdom, as a connection to Hussein or to heal the sick earth that has been blessed by God. The Earth connects the pilgrims with the victims that have been killed in the past and with their own transience, but even with the assurance of God's help, between life, death and the hope of an after. They shall be kept in specially created boxes, their power of blessing surrounds the box like an aura.

No matter where Muslims are in the world, they will always be aligned for prayer towards the Kaaba in Mecca, the largest sanctuary of earthly materialization of the heavenly house. Prayer interrupts all events, constraining the body and the mind. The case shown is a tool for producing the consecrated state: It integrates a compass to find the direction of prayer as well as a comb, tweezers and a mirror. With these items, the body is prepared and taken to another state, opposite that of God while standing in prayer appropriately. Traveling with the case reminds its owner to restore order and cleanliness. It remains even a thing of the intervention: its use marks the passage from the profane into the sacred world.

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Weltweit richten sich Muslime für das Gebet in Richtung der Kaaba in Mekka aus, dem größten Heiligtum, der irdischen Materialisierung des Himmelshauses. Das Gebet unterbricht alle Handlungen, zwingt den Körper und den Geist zur Ordnung. Das Etui ist Werkzeug zur Herstellung des geweihten Zustandes: Es integriert einen Kompass zum Finden der Gebetsrichtung, einen Kamm, Pinzetten und einen Spiegel. Damit wird der Körper hergerichtet und in einen anderen Zustand überführt, der dem Gegenüberstehen Gottes im Gebet angemessen ist. Auf Reisen mitgenommen, mahnt das Etui seinen Besitzer zur Wiederherstellung der Ordnung und Sauberkeit. Dabei bleibt es selbst ein Ding des Dazwischen: Seine Nutzung markiert den Übertritt von der profanen in die sakrale Welt.

Reisen im Dazwischen sind oft durchbrochen vom Stillstand, vom Abwarten. In dieser Zeit ist die Neuordnung möglich, die Vorbereitung auf das Kommende oder sie dient zum Ausruhen nach den bisherigen Anstrengungen. Das chinesische Kartenspiel Ma Diao ist nicht nur selbst auf Reisen gewesen, sondern diente ebenso zur Überbrückung der Zeit zwischen den einzelnen Passagen der Reise. Im 19. und frühen 20. Jhd. in China weit verbreitet, gelangte es mit chinesischen Migrant*innen auch nach Südostasien. Die Regeln des Spieles konnten regional voneinander abweichen. Es handelt sich beim Ma Diao um ein Kartenspiel bei dem eine ausgespielte Karte die niederwertigen Karten der Mitspieler „sticht“. Gewöhnlich spielen drei Spieler gemeinsam gegen einen vierten, den sogenannten „Bankhalter“.

The small magnetic triptych from Spain shows St. Christopher. He is the patron saint of all travelers and of all who constantly move from place to place: drivers, pilots or seamen. Mounted on the car, it provides emergency assistance and protects against the unprepared death due to an accident. The badge provides help against the dangers in between, as the saving hand of the saint takes control over the earthly world and offers protection. It shows the search of those walking, driving, fleeing, travel for a power that can take on the dangers in the space in between. The representation of the saints protects all in one’s surroundings and offers the opportunity to solicit individual help through personal prayer. Between God and man, St, Christopher is an ambassador and is constantly on the road.

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Der kleine magnetische Flügelaltar aus Spanien zeigt den Heiligen Christophorus. Er ist der Schutzpatron aller Reisenden. Im Auto angebracht leistet er Nothilfe und soll vor dem unvorbereiteten Tod durch einen Unfall schützen. Die Plakette hilft gegen die Gefahren im Dazwischen, da die bewahrende Hand des Heiligen in die irdische Welt eingreift und den Schutzsuchenden mit ihr verbindet. Die Darstellung des Heiligen Christophorus schützt alle in seiner Umgebung und bietet die Möglichkeit, im persönlichen Gebet individuelle Hilfe zu erbitten. Zwischen Gott und dem Menschen steht der Heilige Christophorus als Botschafter und ist somit selbst ein reisender Übermittler.

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