Clara Wieck


text 1: Projekt + Bild

Μοῦσα?

Video, 5 min

Das Museum als Heiligtum der Musen (altgriech. "Mouseion", Musentempel): Auf der Suche nach der Muse der Institution geht "der weiße Mann" durch die Ausstellungsräume eines Völkerkundemuseums und zerlegt sich dabei in seine Einzelteile. Aufgefordert, sich zu den ausgestellten Objekten zu verhalten, setzt er sich mit sich – seinen Ängsten, seinem Begehren sowie Verklärungen und Projektionen – auseinander und kann seine körperliche Ganzheit unter den Bedingungen zunehmender Widersprüche und Spannungen nicht aufrechterhalten.

slider Projekt 1

text 2: Vita + Bild

Wellness garantiert

Kunststein, Lack, 35 x 28 x 20 cm

Was ist kulturelle Aneignung und was ist Respekt gegenüber "fremden Kulturen"? Ist der Gartenbuddha der neue Gartenzwerg – für die (multi-) kulturell interessierte, spirituell angehauchte, weltoffene Bevölkerung? Ist er Ausdruck kolonial geprägter Exotisierung oder des Bedürfnisses nach buddhistischer Gelassenheit? Gibt es einen Ausweg aus dem durch Zuschreibungen bestimmten Klischee und was bedeutet dies für das Präsentieren und Betrachten "fremder Kulturen" im ethnologischen Museum?

slider Projekt 2

text 3: interview

Interview mit Clara Wieck

Deine Videoarbeit besteht zu einem Großteil aus Ansichten des Museums, wobei du mit relativ abstrakten Bildern arbeitest. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Ich hatte mir ursprünglich die Frage gestellt, ob und welche Art der Muse mit dem Völkerkundemuseum in Verbindung steht. Denn etymologisch kommt das Wort Museum vom griechischen mouseíon, dem Musentempel. Wo also begegnet man dieser Muse – und die Muse meint hier eine Form der Inspiration oder Offenbarung – während eines Museumsbesuchs?

Ich wollte mich mit Sammlung und Präsentation des Museums auseinandersetzen und habe die Dauerausstellung mehr oder weniger komplett abfotografiert; wobei ich ein Modell eines Museumsbesuchers vor verschiedenen Vitrinen positioniert habe, in denen Figurinen ausgestellt sind. Es entstanden Bilder vom modellhaften „weißen Mann“ und von ihm durch Glasscheiben getrennten Objekten und Figurinen. Die Nachstellung eines Museumsbesuchs.

Diese Bilder habe ich eine ganze Weile sortiert und geordnet. Immer wieder habe ich mich jedoch auch dabei wiedergefunden, wie ich durch verschiedene YouTube Channels gesurft bin, um mir Videos von der umkämpften bzw. offenen EU Außengrenze anzusehen. Mehr als die Muse oder in weiterer Konsequenz hat mich letztlich wohl die Frage nach der Möglichkeit und Dringlichkeit der Dekonstruktion vormals konstruierter Grenzen interessiert – in der Welt des Museums in Form der Dualität von betrachtendem Subjekt und ausgestelltem Objekt sowie in der weiteren Welt außerhalb des Museums. Die Entscheidung für eine relativ abstrakte Darstellungsweise resultiert aus dem Gefühl, selbst keine vollständig klaren Antworten auf diese Frage zu haben, aber die Frage – in einem generelleren und auch vom Museum losgelösten Kontext – stellen zu wollen.


In dem Video kehrt eine Szene wieder, in der eine Frau durchs Bild rennt. Was hat es damit auf sich?

Das Bewegtbild zeigt eine Frau. Im Gegensatz zu den Figurinen ist sie lebendig und steht nicht hinter Glas, sondern rennt durch eine Grenzzone. In der Entscheidung für dieses Bild drückt sich mein Wunsch aus, (kulturelle) Grenzen nicht als Linien zu begreifen, sondern als bewegte Zonen, in denen das (vermeintlich) Eigene und Vertraute und (vermeintlich) Fremde am Schwirren ist und zur Reflexion des eigenen Standorts herausfordert. Diese Herausforderung und Einladung zur Selbstspiegelung ist letztlich das, was ich persönlich als eine Art „Musenkuss“ bezeichnen würde, um hier nochmals den Bogen zu meiner Ausgangsfrage zurückzuschlagen.


Gibt es eine Verbindung zwischen deinen beiden Arbeiten?

Ein Anliegen in beiden Arbeiten war mir, Fragen, die ich gegenüber dem Museum zu formulieren versuche, nicht einzig an das Museum, sondern auch an mich und andere zu richten. Fragen wie die nach der Konstruktion und Dekonstruktion von Grenzen oder die nach den Umständen der Aneignung materieller Kultur betreffen auch oder doch vor allem auch den heute gelebten Alltag.

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