© Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Museum on the Couch #1 : Reflexive und kreative Erkundungen in den ethnographischen Sammlungen

Das ethnographische Museum heute: ausgebrannt oder gute Aussichten?

Das »Museum on the Couch« besteht aus einer Reihe verschiedener Aktivitäten: lehren, experimentieren, netzwerken – die darauf abzielen, im Herzen des ethnographischen Museums einen interaktiven Ort der konstruktiven Diskussion zu errichten.

  • Laufzeit 07.02.2016—03.04.2016

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Im Zentrum steht dabei die Reflektion über Erfolge, Fehler und kreative Lösungen des ethnographischen Museums allgemein und vor Ort. Abschluss des Workshop-Seminars bildet eine Ausstellung, die die Studierenden selbst organisieren. Die Ausstellung zeigt Arbeiten der Seminarteilnehmer*innen als Interventionen in der Dauerausstellung.
In Kooperation mit dem Leipziger Institut für Ethnologie.

© Kevin Bress, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Studentische Arbeiten

Spätestens jetzt, wo der Mensch der wichtigste Einflussfaktor auf der Erde ist, haben wir uns so tief in die Natur verstrickt, dass sie und wir unweigerlich in Beziehung stehen. So kann man die performative Installation 'House of Spirits' als Versuch sehen, die Überwindung der Unterscheidung zwischen Kultur und Natur ins Museum zu übertragen. Diese Verflechtung bedeutet jenseits von Klimawandel auch eine Aktualisierung der Moderne. Die Installation lädt den Besucher dazu ein, sich fern von seinen individuellen physischen und geistlichen Grenzen durch Kommunikation mit seiner Umwelt zu verbinden. Das Stattfinden im GRASSI Museum wandelt die Institution des ethnologischen Museums in einen Ort an dem sich (Kultur)Geschichte weiterentwickelt und nicht nur auf sie verwiesen wird. Durch die angeleitete Einzelrezeption im Zelt wird dem Besucher eine Umgebung geschaffen, die einen Moment geistiger Klarheit begünstigt und unerwartet empfänglich macht für Geschehnisse außerhalb des Alltagsbewusstseins. Er wird in Beziehung zu seiner Umgebung gesetzt, womit man in das animistische Feld des Relationalen kommt, welches den Menschen als in Verwandtschaft mit inerten Substanzen, Objekten oder Lebewesen versteht und ihnen Handlungsmacht zuspricht. Dadurch wird auch Abgrenzung von Objekt zu Subjekten durchlässig. Dort wo das Selbst das Ergebnis des Aushandelns von Beziehungen ist, stellt sich im Endeffekt auch die Frage, ob die Erfahrungen, die es macht die seinen sind oder ob er durch sie animiert wird.

 

At least by now that humans are the most influential factor on the planet, we are so deeply intertwined with nature, that we inevitably are linked together. Under this light, the performative installation of 'House of Spirits' is the attempt to transpose this new found unity of nature and culture into the museum. In consequence, this interconnection updates our understanding of modernity. The installation invites the visitor to leave his individual physical and mental boundaries behind, to connect himself with his environment. Situated in the GRASSI Museum, it transforms the ethnological museum into a space where (cultural)history comes into being, is evolving and not only referred to. The single reception in the tent, where the visitor will be guided through, creates an favourable environment of mental clarity which in return makes the visitor unexpectedly receptive to occurrences outside of his daily consciousness. He will be connected with his environment in a way that touches the field of animism. It carries through relations that understand humans as related to inert substances, objects or living beings while according considering them as actors. Hence, the divide between object and subject becomes permeable. Where the self is the result of negotiations of relations comes up the question if the experiences it makes are his own or if he's animated through them.

Der Ausgangspunkt dieser kleinen Intervention ist die Idee von der Farbe als machtbehaftetes Mittel musealer Gestaltung. Farbe ist stumm, aber durch alteingesessene Stereotypen und Vorstellungen von nicht-westlichen Kulturen entpuppt sich Farbe als Informant. Farbe sagt eine Menge aus über die mögliche Herkunft, die Produktionsweise oder die Verwendung eines Objektes. Die Wahl der Wandfarbe innerhalb einer Ausstellung ist also nicht unerheblich. Ein einfaches Farbenspiel macht diesen Farbeffekt sichtbar. Ziel der Installation war es, eine ebenso wortlose Kritik der Farbe im ethnologischen Museum zu schaffen. In erster Linie ist das Farbenprojekt ein Versuch, versteckte Machtverhältnisse traditioneller Ausstellungsdesigns zu enttarnen und deutlich zu benennen.

 

The starting point of this little intervention is the idea of color as a powerful means of museal display. Color is dumb but thanks to long-established stereotypes and pictures of non-western cultures, color becomes an informant. Color tells quite a lot about the origin, the production and the use of an object. The colors we choose to give form to a museal display is not as neutral as we might think. Through a simple play of colors it becomes possible to make visible the effect of color in ethnographic museums. The aim was to create a wordless critique of color in ethnographic museums. It is at first a try to identify hidden power relations in traditional exhibition designs and second an attempt to take them up and to beat them in their own game.

Wir alle verbinden bestimmte Orte mit spezifischen Gerüchen, Geräuschen, Geschmäckern und Bildern. Diese Installation ist der Versuch der Rekonstruktion einer solchen Erfahrung. Das Projekt greift die Problematik der Fokussierung ethnologischer Museen auf die überwiegend visuelle Präsentation von Objekten und Themen auf. Es verweist auf die lange vernachlässigte Bedeutung multisensorialer Wahrnehmung als Fundament profunden Verstehens, indem sie diesen kognitiven Prozess zu einer emotionalen Erfahrung macht.

 

We all associate specific places with particular smells, sounds, tastes and images. This installation is the attempt to reconstruct such an experience. The project picks up the problematic of ethnological museums focusing over all on the visual presentation of objects and topics. It points to the long neglected importance of multisensorial perception which is the fundament of profund understanding, in that it makes this cognitive process to an emotional experience.

Wenn Sie Zimt, Nelke und Kardamom riechen, woran denken Sie dann? Mit dieser Installation möchten wir auf die Bedeutsamkeit olfaktorischer Wahrnehmung aufmerksam machen. Indem wir Sie im Kontext eines indischen Rundhauses mittels Ihres Geruchsinns auf die Reise in die deutsche Küche schicken, wollen wird gleichzeitig auf die Vernetztheit und Hybridität aller Kulturen verweisen und verdeutlichen, dass Authentizität ein soziales Konstrukt darstellt.

 

When you are smelling cinnamon, clove and cardamom, what ideas come to your mind? With this installation we want to point out to the significance of olfactory perception. Within the atmosphere of an indian roundhouse we want to send you, by means of your senses of smell, on a journey into German cuisine. In this way we want to indicate the interconnectivity and hybridity of all cultures and illustrate that authenticity is a social construct.

Wir bieten Ihnen diesen globalen Sitzplatz an und laden Sie ein, auf einem Plastikstuhl durch Vorgärten, Strandhütten, Berglandschaften und Großstädte zu reisen. Mit ihrer Materialität stehen Plastikstühle im Gegensatz zu der zahlreicher regionalspezifischer Objekte, die in den Vitrinen des Museums präsentiert werden. Hingegen finden Objekte aus Plastik heute in jedem Teil des Globus, in den entferntesten Winkeln der Erde, Verwendung. Gibt es also eine "Plastic Culture" bzw. Kulturen aus Plastik? Wir meinen ja, denn "Global items" wie Plastikstühle werden kulturell angeeignet. Ersichtlich wird dies an den regionalen Präferenzen für bestimmte Formen und Farben.

 

We offer you this global seat and want to invite you to make a trip through front gardens, beach cottages, mountain landscpapes and large cities. The materiality of plastic chairs contrasted strongly with those of the most regional specific objects, which are presented in the showcases of the museum. However today plastic objects are used in every part of the globe, in the most distant corner of the world. So, are there an "Plastic Culture" or cultures of plastic? We think yes, because global items like plastic chairs become culturally appropriated. This is visible in the regional preferences for specific forms and colours.

Ausstellungsobjekte kommen verpackt zu uns. Sie lagern klimatisiert. Ein Großteil der Objekte ist im Museum nicht sichtbar, bekommt aber nach dem Erwerb Zuwendungen in Archivierung und Lagerung. Diese Installation möchte dem investierten Aufwand nachfühlen. Deshalb präsentiert sie die Objekte unsichtbar und stellt ihre Verpackung und ihren geschätzten (symbolischen) Geldwert aus.

 

Exhibits arrive wrapped. They are stored air-conditionedly. A large part of the objects is not visible in the museum, while after purchase indeed receiving grants of archival storage. This installation seeks to retrace the effort expended. Hence it showcases the objects invisible and presents their packaging and estimated - symbolic - monetary value.

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