Schritte zur Dekolonisierung

Die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen (SES) möchten einen Beitrag zur Aufarbeitung der kolonialen Geschichte ethnologischer Museen leisten und sich im Kontext internationaler Debatten aktiv positionieren. In Zusammenarbeit mit internationalen Partner:innen erforschen wir die Sammlungen – insbesondere in Bezug auf ihre Herkunftsgeschichten (Provenienzforschung). Dabei spielen auch die kritische Aufarbeitung der Sammlungsgenese und der Institutionsgeschichte eine zentrale Rolle. Als wichtigen Teil dieser Prozesse, die auf die Dekolonisierung des Museums ausgerichtet sind, verstehen wir Restitutionen und Repatriierungen. Mitarbeiter:innen der Abteilung "Wissenschaftliche Sammlungserschließung und -dokumentation" der SES befassen sich mit Repatriierungen und Restitutionen für die drei ethnologischen Museen in Dresden, Leipzig und Herrnhut.

Dekolonisierung

Was bedeutet für uns Dekolonisierung?
 

Dekolonisierung beschreibt eine soziale Bewegung und eine Praxis, die historische und bis heute fortwirkende koloniale Machtverhältnisse identifizieren und ihnen entgegenwirken möchte. Hauptanliegen ist es uns, das Nachwirken des Kolonialismus in unserer heutigen Gesellschaft und den Rassismus in den Institutionen und Beziehungen zu reflektieren und abzubauen. Von diesem Prozess ausgehend, entstehen Möglichkeiten anders mit dem gemeinsamen Erbe umzugehen und sich neu zu begegnen.

bild Dekolonisierung

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Miriam Hamburger
Unter Teilnahme von Mitgliedern deutscher Institutionen leiten Delegierte der Yawuru and Karajarri eine Repatriierungszeremonie für Vorfahren in der australischen Botschaft, 2019.

Provenienzforschung

 

Was bedeutet für uns Provenienzforschung?
 

Provenienzforschung bedeutet die Erforschung der Herkunft (= Provenienz) eines Objekts oder menschlicher Überreste. Dies heißt zunächst deren Vorgeschichte und Wege in das Museum herauszufinden. Im Kontext der Dekolonisierung von ethnologischen Sammlungen ist eine systematische postkoloniale Provenienzforschung unser Ziel. Wir stehen in der Verantwortung, die Rolle des Museums im Unrechtskontext des Kolonialismus unter Berücksichtigung der gewaltförmigen Aspekte der Sammlungsgenese aufzuarbeiten. Ein wichtiger Teil ist dabei die Zusammenarbeit in internationalen Forschungsteams und mit Vertreter:innen der Herkunftsgesellschaften. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse sind die Grundlage für Repatriierungen und Restitutionen.

Für Informationen zu Provenienzforschung in der SKD, klicken Sie hier.

bild provenienzforschung

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Laura Kelvin (Memorial University of Newfoundland) fertigt im Völkerkundemuseum Herrnhut 3D-Scans eines Kleidungsstücks an, Oktober 2019

Was ist Restitution?

 

Was bedeutet für uns Restitution?

 

Restitution ist die Rückgabe von Objekten an Personen, Gemeinschaften oder Institutionen. Für ethnologische Museen bedeutet das u.a. die Rückgabe identitätsstiftender, kultureller oder sakraler Gegenstände, die im kolonialen Kontext erworben, unter ungleichen Machtverhältnissen angeeignet oder geraubt wurden, an die Herkunftsgesellschaften. Dies erfolgt in der Regel nach einer systematischen Provenienzforschung und wird gemeinsam mit der jeweiligen Herkunftsgemeinschaft vorbereitet und durchgeführt.

bild restitution

Reliefplatte aus dem Königreich Benin, Darstellung eines Schlammfisches, unbekannter Hersteller, 1901 erworben, Inventarnummer: MAf 00286

Link Benin Bronze Online Collection


in der Online Collection ansehen

 

 

Zur Terminologie

Was bedeutet für uns Repatriierung?

 

Repatriierung bezeichnet das Zurückholen und Zurückbringen von Kriegs- oder Zivilgefangenen in ihr Herkunftsland. Im musealen Kontext wird darunter die Rückgabe von Vorfahren an ihre Herkunftsgesellschaften verstanden. Diese wurden im Kontext des kolonialen Sammelns zu Forschungszwecken an die Museen gebracht. Wir stehen in der Verantwortung, uns mit dieser Geschichte kritisch auseinanderzusetzen und die Rückführung der Vorfahren zu ermöglichen. Für uns bedeutet Repatriierung, dass wir diese Rückführungen gemeinsam mit den Nachfahren der Verstorbenen einleiten und durchführen.

Heute wird die Verwendung des objektivierenden Begriffs menschliche Überreste kritisch betrachtet und durch humanisierende Bezeichnungen wie Vorfahren oder Menschen ersetzt. Dieser Begriffswechsel ist Teil eines Prozesses, den wir Rehumanisierung nennen. Wenn wir unsere Sprachmuster zu diesen sensiblen Themen ändern, ändern wir auch unsere Perspektive. Diese Familienmitglieder, Gemeindevorsteher:innen und Nachbar:innen wurden mit dem Eintritt in die Sammlungen als Objekte wissenschaftlicher Studien betrachtet. Das Ziel von Repatriierungsprozessen ist, sie zu rehumanisieren bzw. sie nicht länger als Objekte, sondern als Menschen anzusehen.

bild repatriierung

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Künstlerin: Maxine Charlie, 2019
"Walking on Country" (Wandern auf dem Land), Schwarz, Rot, und Gelb Acrylfarbe auf Papier, Handdruck; Ursprünglich wurden Motive auf Schärpen verwendet, die auf die Überreste der verstorbenen Ahnen gelegt wurden. Persönliches Geschenk im Rahmen der Restitution am 15.04.2019. Künstlerin: Maxine Charlie, 2019. Motive repräsentieren das Land und die natürliche Umgebung. Inventarnummer: Au 05051 a-d

Link Walking on Country Online Collection


in der Online Collection ansehen

 

 

Interne Links

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Gabriele Richter
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Miriam Hamburger
© Kimberley West, Goolarri Media Enterprises

Interne Links

Seiten

Kontakt

Forschungsanfragen

Dr. Birgit Scheps-Bretschneider
Abteilungsleiterin Provenienzforschung und Restitution
Kustodin Australien / Pazifik
Tel. +49 341/97 31-915
birgit.scheps@skd.museum

Zum Seitenanfang